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Koffeinfreier Kaffee – Zwischen Wahrheit und Mythen

Zusammenfassung: Entkoffeinierter Kaffee, vor 120 Jahren erfunden, bleibt umstritten. Moderne Verfahren wie der Schweizer-Wasser-Prozess oder das CO2-Verfahren entfernen Koffein sicher, ohne gesundheitsschädliche Rückstände. Dennoch enthält er bis zu 0,1% Koffein und darf in der EU nicht als „koffeinfrei“ beworben werden. Forschungen an natürlichen koffeinfreien Sorten laufen, sind jedoch noch nicht marktreif.

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Erfunden wurde der koffeinfreie Kaffee vor 120 Jahren, doch noch immer scheiden sich an ihm die Geister. Und eigentlich ist er auch gar nicht zu 100% koffeinfrei, sondern zu 99,9%. Denn 1 Gramm Koffein je Kilogramm Kaffee darf eine Kaffee enthalten, um sich offiziell „entkoffeiniert“ zu nennen. Das ist auch einer der Gründe, warum Sie den Begriff „koffeinfrei“ nie auf einer Kaffeepackung lesen können. Verschleiernde Werbeslogans mag es zwar geben, aber eine Kaffeeröstung als koffeinfrei zu bewerben ist innerhalb der EU untersagt.

Ist entkoffeinierter Kaffee gesundheitschädlich?

Es sind vor allem Gerüchte über eine gesundheitsschädigende Wirkung, die entkoffeinierten Kaffee heute immer noch belasten. Auf der anderen Seite behaupten seine Anhänger nicht selten, dass er sogar gesünder sei als Kaffee mit Koffein. Beides ist allgemein betrachtet allerdings falsch. Moderne Entkoffeinierungsverfahren verzichten längst auf die gefährlichen Mittel von früher, und auf eine Höchstmenge zu sich genommenen Koffeins müssen nur bestimmte Bevölkerungsgruppen achten.

Wer unter einem zu hohen Blutdruck leidet, Herzproblem oder eine allgemeine Koffeinunverträglichkeit hat, sollte lieber koffeinfrei bleiben. Oft greifen auch ältere Menschen und Schwangere zu koffeinfreiem Kaffee. Manche Ärzte raten Schwangeren allgemein von Kaffee ab, da sich nicht nur der Wirkstoffe Koffein in der Plazenta ablagert. Tatsächlich ist die Studienlage zu dem Thema allerdings sehr dünn. Vom medizinischen Standpunkt aus betrachtet, sollten schwangere Frauen vor allem auf ihre tägliche Koffein-Dosis zu achten. Sie sollte den Richtwert von 200 g pro Tag nicht überschreiten. Und Achtung, auch Tee enthält Koffein, auch wenn man es dort landläufig als Tein bezeichnet. Allerdings nimmt der Körper zum Beispiel das Tein im Grünen Tee sanfter und schonender auf, als über Kaffee zu sich genommenes Koffein.  

Seit wann wird Kaffee entkoffeiniert?

1903 erfand Ludwig Roselius, Gründer der Marke Kaffee HAG, das erste Entkoffeinierungsverfahren. Sein Vater hatte überdurchschnittlich viel Kaffee getrunken, und Roselius schrieb seinen Tod unter anderem der Wirkung des Koffeins zu. Seine Methode den Wirkstoff aus dem Kaffee zu entziehen, war allerdings dann auch alles andere als gesund. Das nach ihm benannte Verfahren verwendete bei der Extraktion Benzol. Moderne Verfahren greifen heute auf weniger gefährliche Lösungsmittel bzw. zurück, die zudem später rückstandslos entfernt werden können.

Heute gibt es mehrere Entkoffeinierungsverfahren

Der Schweizer-Wasser-Prozess gilt als ein besonders natürliches Verfahren, ist allerdings auch das wohl teuerste. Hier werden die Kaffeebohnen so lange mit heißem Wasser behandelt, bis das Koffein und andere feste Bestandteile herausgewaschen sind. Die Kaffeebohnen müssen dann entsorgt werden, während das Koffein mittels Aktivkohle aus dem Wasser herausgefiltert wird. Im zweiten Waschvorgang werden jetzt neue Kaffeebohnen in das gefilterte Wasser gegeben. Da dieses noch von den anderen Bestandeilen angereichert ist, und nur kein Koffein mehr enthält, wird den frischen Bohnen vor allem Koffein entzogen. Da dieser Prozess mehrfach wiederholt werden muss, ist er auch besonders langwierig. Zusätzlich lässt sich das herausgefilterte Koffein beispielsweise für medizinische Zwecke nicht weiterverwenden. 

Ein anderes Verfahren wird als direktes Verfahren bezeichnet. Hier werden die Kaffeebohnen zunächst eine halbe Stunde mit Wasserdampf behandelt, und dann 10 Stunden in ein Lösungsmittel (Dichlormethan oder Ethylacetat) eingelegt. Nach dieser Extraktion muss das Lösungsmittel allerdings rückstandslos entfernt werden, da es ähnlich wie Benzol als krebserregend gilt.

Bio-Kaffee mit CO2-Verfahren

Auch beim sogenannten Kohlendioxidverfahren werden die Kaffeebohnen erst einmal mit Wasserdampf vorbehandelt. Im Anschluss werden sie mit überkritischem CO2 behandelt, das mit einem Druck von bis zu 300 bar das Koffein herausspült. Vorteil des Verfahrens ist, man kann CO2 und Koffein später voneinander trennen. Ersteres wird wiederverwendet, das Koffein kann als Wirkstoffe weiterverarbeitet werden. Dieses Verfahren wird in der Regel für Bio-Kaffee angewendet, da hier sichergestellt ist, dass keine krebserregenden Stoffe wie Dichlormethan verwendet wurden.

Eine vierte noch angewendete Methode wird als Triglycerid-Verfahren bezeichnet. Hier werden die ungerösteten Bohnen in einer heißen Wasser-Kaffee-Lösung vorbehandelt. Anschließend kommen die Bohnen für mehrere Stunden in heißes Kaffeebohnenöl, das Triglyceride enthält, die das Koffein aus den Bohnen entfernen.

Gibt es koffeinfreien Kaffeebohnen?

Parallel dazu wird gerade an mehreren Orten der Welt daran geforschte bereits besonders koffeinfrei oder besonders koffeinarme Pflanzen zu züchten. Brasilianische Forscher haben dazu eine alte äthiopische Kaffeesorte wiederentdeckt, und versuchen seitdem durch Züchtungen zu einer koffeinfreien Pflanze zu gelangen. Ähnliche Versuche gibt es auch bei Forschern in Japan. Doch in beiden Fällen sind noch keine kommerziell verwertbare Kaffeeangebote.

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Tobias Hoffmannswald, geboren und aufgewachsen in Stuttgart, entdeckte seine Leidenschaft für Kaffee bereits in jungen Jahren. Verantwortlich dafür machte er den Duft frischen Kaffees, der stets in der Bäckerei seiner Eltern lag. Nachdem er die Schule abgeschlossen hatte, zog es Tobias hinaus in die Welt. Seine Faszination für Kaffee führte ihn nach Mittelamerika, wo er sich in Honduras und später El Salvador den Kaffeeanbau ganz genau ansah. Zurück in Deutschland, entschied sich Tobias, seine Begeisterung für Kaffee zu professionalisieren. Er ließ sich zum Barista ausbilden. Mit frisch erworbenem Fachwissen und einer tiefen Wertschätzung für die Kunst des Kaffees suchte Tobias nach Möglichkeiten, seine Vision zu teilen und anderen die Welt des Kaffees näherzubringen. Über den ein oder anderen Umweg fand er diese Möglichkeit schließlich in Würzburg, wo er seit 2023 das Team von KaffeeTechnik Seubert mit seinem Baristaskills unterstützt.

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