Das sagt die Wissenschaft,  Kaffeegeschichte(n)

Ist ein perfekter Espresso berechenbar?

Zusammenfassung: Wissenschaftler der University of Huddersfield suchen nach einer Formel für den perfekten Espresso und untersuchen Faktoren wie Mahlgrad, Wassertemperatur, Brühdauer und Pulverdichte. Ihre Erkenntnisse zeigen, dass Wasser selbst durch fest gepresstes Kaffeepulver schneller fließt und der Extraktionsprozess komplexer ist, als vermutet. Neben dem Geschmack liegt der Fokus auf der effizienten Nutzung von Kaffee und Wasser, um den Herausforderungen des Klimawandels und der Wasserknappheit zu begegnen. Trotz vieler Erkenntnisse bleibt die perfekte Zubereitung weiterhin eine Kombination aus Wissenschaft und Barista-Kunst.

Kaffee gehört weltweit zu den beliebtesten Getränken. In Deutschland beispielsweise führt er die Hitliste an, nichts trinken die Deutschen häufiger als Kaffee. Und selbst im Land des legendären 5-Uhr-Tees erfreut sich die Kaffeebohne großer Beliebtheit. 

Das gilt auch für die dortigen Wissenschaftler, die ihren Teil dazu beitragen Kaffee zu dem vielleicht am gründlichsten untersuchten Lebensmittel überhaupt zu machen. Den Wissenschaftlern um den britischen Mathematiker William Lee ging es allerdings weniger um eine der vielen Wirkungen von Kaffee, sondern darum ihn perfekt zu zubereitet. 

Das Team von der University of Huddersfield machte sich auf die Suche nach der Formel für den perfekten Espresso. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift mit dem passenden Namen Physics of Fluids, Physik der Flüssigkeiten, veröffentlicht.

Siebträger die beste Zubereitungsmethode für den Espresso

Wie es sich für einen echten Espresso gehört, war die Zubereitungsmethode der Wahl ein Siebträger. Und obwohl auch die Wissenschaftler im Siebträger die bestmögliche Zubereitungsart sahen, mussten sie schnell feststellen, dass auch hier die Dinge nicht so einfach sind, wie sie oft erscheinen. 

Die entscheidenden Faktoren für einen gelungenen Espresso sind der Mahlgrad der Bohnen, die Wassertemperatur, die Brühdauer und das Verhältnis von Kaffeepulver zu Wasser. All das spielt zusammen, wenn es um die Extraktion des Espresso geht – also den Kern des Brühvorgangs, bei dem heißes Wasser durch das Kaffeepulver gepresst wird. Während das Wasser durch das Pulver gepresst wird, nimmt es die Aromen, Geschmacksnoten, Säuren und natürlich auch das Koffein mit in die Tasse. Wobei das eine sehr verkürzte Liste ist, denn Kaffee an sich hat über 2.000 verschiedene Inhaltsstoffe. Das brachte, so die Wissenschaftler, selbst hochwertige Siebträger zuweilen an ihre Grenzen.

Erkenntnisse über die Fließgeschwindigkeit des Brühwassers

Dabei sind eigentlich nur rund ein Drittel des Kaffees im Wasser wirklich löslich. Und auch von diesem löslichen Teil empfehlen Experten nicht alles zu verwenden. Insgesamt sollten nur 18 bis 22 Prozent an Inhaltsstoffen wirklich in der Espressotasse landen.

Doch so einfach lässt sich eine Extraktion gar nicht steuern. Zumindest reichen die oben genannten Faktoren alleine nicht aus. 

Das zeigten auch Test des Wissenschaftler, die unter anderem mit der Dichte von getamperten Kaffee experimentierten. Dabei kamen sie auch auf unerwartete Ergebnisse. Anders als man vielleicht denkt, stellten sie zum Beispiel fest, dass das Wasser durch fester gepresstes Pulver schneller floss als durch leichter gepresstes. Kaffeekenner würde hier allerdings vermuten, dass sich das Wasser immer den leichtesten Weg sucht. Bei locker gepressten Pulver können dabei schon mal Umwege entstehen.  

Außerdem konnten die Wissenschaftler aber noch nachweisen, dass die durch das Wasser ausgewaschenen Bestandteile dem Kaffeepulver fehlen und dieses damit noch weniger Widerstand entgegensetzen kann. Das Wasser fließt während der Extraktion zunehmend schnell.

Trotz aller Anstrengungen betrachten auch die britischen Wissenschaftler ihr Model lediglich als eine Näherung an die Realität des Extraktionsprozesses. Besonders im Auge haben die Briten dabei das sogenannte Channeling, dabei bilden sich im Kaffeepulver während der Extraktion kleine Kanäle, durch die das Wasser schneller hindurchgepresst wird und gleichzeitig weniger Inhaltsstoffe mitnimmt. Channeling führt damit fast automatisch zu einer Unter-Extraktion und einem farblosen dünnen Kaffee in der Tasse. 

Die vielen Möglichkeiten des Wassers unregelmäßig durch das Kaffeepulver zu fließen, machten es den Mathematikern schwer eine exakte Formel zu berechnen. Sie arbeiteten deshalb weiter daran, ihr Modell zu verbessern. Als eine weitere Möglichkeit Einfluss zu nehmen, sehen Sie beispielsweise die Maße des Siebs. 

Wasser und Kaffee trotz des Klimawandels

Das Ziel der Wissenschaftler geht dabei über den perfekten Espresso hinaus. Neben dem Geschmack geht es ihnen nämlich auch um Optimierung und Effizienz der Zubereitung. Dem Kaffeeanbau stehen mit dem Klimawandel große Herausforderungen bevor. Die Experten sind sich weitgehend darüber einig, dass die Menge an Rohkaffee deshalb langfristig zurückgehen wird. Gleichzeitig wurden in den letzten Jahren Wasserrationierungen bereits hier und da in Europa verhängt. Ein sparsamer Umgang mit den Lebensmitteln Kaffee und Wasser könnte also dazu beitragen, trotz der Umstände nicht auf den Genuss eines Espresso verzichten zu müssen.

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Tobias Hoffmannswald, geboren und aufgewachsen in Stuttgart, entdeckte seine Leidenschaft für Kaffee bereits in jungen Jahren. Verantwortlich dafür machte er den Duft frischen Kaffees, der stets in der Bäckerei seiner Eltern lag. Nachdem er die Schule abgeschlossen hatte, zog es Tobias hinaus in die Welt. Seine Faszination für Kaffee führte ihn nach Mittelamerika, wo er sich in Honduras und später El Salvador den Kaffeeanbau ganz genau ansah. Zurück in Deutschland, entschied sich Tobias, seine Begeisterung für Kaffee zu professionalisieren. Er ließ sich zum Barista ausbilden. Mit frisch erworbenem Fachwissen und einer tiefen Wertschätzung für die Kunst des Kaffees suchte Tobias nach Möglichkeiten, seine Vision zu teilen und anderen die Welt des Kaffees näherzubringen. Über den ein oder anderen Umweg fand er diese Möglichkeit schließlich in Würzburg, wo er seit 2023 das Team von KaffeeTechnik Seubert mit seinem Baristaskills unterstützt.

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