Das sagt die Wissenschaft,  Kaffeegeschichte(n)

Studie zeigt: Spezialitätenkaffee bietet Chancen für Kleinbauern

Zusammenfassung: Eine Studie belegt, dass gerade kleine Kaffeefarmer beim Anbau von Spezialitätenkaffee profitieren können. Ohne Zugang zu Kapital, Wissen und Netzwerken wird der Spezialitätenmarkt für viele Bauern weiterhin eine schwer zugängliche Nische bleiben.

Eine aktuelle Studie beleuchtet den positiven Einfluss des Spezialitätenkaffeemarkts auf die Lebensgrundlagen von Kleinbauern und zeigt auf, welche Herausforderungen dabei zu bewältigen sind. Der Anbau von Kaffee ist für viele Kleinbauern eine überlebenswichtige Einkommensquelle, jedoch oft von wirtschaftlichen und klimatischen Risiken geprägt. Um diesen Kaffeefarmern eine nachhaltigere Perspektive zu bieten, stellt die Studie Wege vor, wie der internationale Markt an Spezialitätenkaffee gerade ihnen zugutekommen könnte.

Chancen durch den Spezialitätenkaffeemarkt

Die Studie, die bereits im Frühjahr im Wissenschaftsmagazin World Development Perspectives erschien, legte nahe, dass Kleinbauern im Spezialitätenkaffeemarkt höhere Einkommenschancen haben könnten. Dies liegt vor allem daran, dass diese Kaffeesorten höhere Preise auf dem Markt erzielen. Kaffeeliebhaber weltweit sind für die ganz besonderen Geschmacksprofile und Aromen der Kaffeebohnen mehr Geld als der durchschnittliche Kaffeetrinker zu bezahlen.

Allerdings ist der Wechsel auf Spezialitätenkaffee für viele Kaffeebauern nicht so einfach. Zwar verspricht die Teilnahme an diesem Markt höhere Gewinne, doch setzt sie auch hohe Investitionen voraus. Kleinbauern benötigen nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch Wissen und Zugang zu spezialisierten Netzwerken, um in diesem Markt bestehen zu können.

Kaffee aus Kolumbien und Bolivien im Fokus

Die Untersuchung betrachtet die Wertschöpfungskette des Spezialitätenkaffees in Kolumbien, einem der größten Kaffeeproduzenten weltweit, und in Bolivien, das nur einen kleinen Beitrag zur weltweiten Kaffeeproduktion leistet. Trotz unterschiedlicher Marktbedingungen identifizierten die Forscher in beiden Ländern Wege zu besseren Einkommen. Besonders vielversprechend ist die Direktvermarktung von Röstkaffee auf dem Inlandsmarkt. Hier könnten Bauern durch das Rösten und den direkten Verkauf ihres Kaffees an nationale Konsumenten höhere Margen erzielen. Aber auch der Export von Rohkaffee mit anerkanntem Spezialitätengrad ist dort für die Kleinbauern immer noch ein gutes Geschäft.

Herausforderungen für Kleinbauern

Eine der größten Herausforderungen bleibt jedoch der Einstieg in den Sektor für Kaffeespezialitäten. Die erforderlichen Investitionen, wie der Zugang zu hochwertigem Saatgut, Schulungen und Zertifizierungen, sind oft kostspielig und für Kleinbauern schwer erschwinglich. Ein weiteres Hindernis ist die Wettbewerbsfähigkeit. Auch im Spezialitätenbereich wird der Kaffeemarkt von internationalen Unternehmen dominiert, die über weitreichende Ressourcen verfügen. Kleinbauern haben es hier schwer, sich zu behaupten, selbst wenn ihr Kaffee hervorragende Qualität hat.

Die Studie macht auch auf die negativen Auswirkungen der Kaffeeproduktion auf die Umwelt aufmerksam. In vielen Regionen wird noch auf herkömmliche Plantagen gesetzt, die auf zusätzliche Gewächse verzichten, damit die Kaffeepflanzen keinen Konkurrenten um das Sonnenlicht fürchten müssen. Doch das führt zu Problemen wie Bodenerosion und Rückgang der Artenvielfalt. Die Forscher unterstreichen, dass eine nachhaltige Kaffeeproduktion von ökologischen und sozialen Faktoren geprägt sein sollte, um langfristige Vorteile zu erzielen.

Ansatzpunkte zur Stärkung der Wertschöpfungskette

Interessant ist die von der Studie angewandte Methodik, der sogenannte partizipative Wertschöpfungskettenansatz. Hierbei handelt es sich um einen kooperativen Ansatz, bei dem Bauern, Händler und andere Akteure gemeinsam Lösungen zur Stärkung der Wertschöpfungskette entwickeln. Dies schafft nicht nur eine engere Zusammenarbeit, sondern ermöglicht auch eine kontinuierliche Optimierung der Prozesse. Zudem setzt die Studie auf Aktionsforschung, bei der die Auswirkungen von Interventionsmaßnahmen direkt analysiert werden. Diese Methodik erlaubt es den Forschern, praxisnahe Lösungen zu entwickeln und somit direkt Einfluss auf die Kaffeeproduktion und -vermarktung zu nehmen.

Ein besonders wichtiger Punkt ist dabei die Berücksichtigung von sozial-ökologischen Ergebnissen. Das bedeutet, dass der gesamte Prozess von der Produktion bis hin zum Konsum auf seine Nachhaltigkeit und seinen Nutzen für die Gesellschaft hin untersucht wird. Regierungen und NGOs können diese Ergebnisse nutzen, um gezielte Maßnahmen zur Unterstützung der Kleinbauern im Kaffeesektor zu entwickeln.

Inlandsnachfrage in den Anbauregionen relativ gering

Die Ergebnisse der Studie zeigen aber auch, dass der Spezialitätenkaffeemarkt zwar Potenzial bietet, aber keine Garantie für ein besseres Leben und höhere Einkommen ist. Die Nachfrage nach nachhaltigem Kaffee ist zwar international vorhanden, jedoch im Inlandsmarkt vieler Länder noch relativ gering. Wie bereits beschrieben, wären die die Gewinne bei einem Inlandsverkauf für die Kaffeefarmer aber besonders hoch. Die Definitionen der Tassenqualität, wie sie beispielsweise durch die Specialty Coffee Association festgelegt sind, könnten zudem dazu beitragen, den Mehrwert und die ökologische Verantwortung des Kaffees zu steigern. Wenn Qualitätsanforderungen die sozialen und ökologischen Dimensionen einbeziehen, könnte dies die Wertschöpfungskette insgesamt verbessern.

Fazit

Die Forschung macht deutlich, dass Kleinbauern durch gezielte Unterstützung, eine Zusammenarbeit aller Akteure in der Kaffeebranche und eine stärkere Nachfrage nach nachhaltig produziertem Kaffee erhebliche Vorteile durch den Spezialitätenmarkt erzielen können. Dennoch bleibt der Weg steinig: Ohne Zugang zu Kapital, Wissen und Netzwerken wird der Spezialitätenmarkt für viele Bauern weiterhin eine schwer zugängliche Nische bleiben.

Für den Verbraucher bedeutet das, dass die Entscheidung für fair gehandelten und nachhaltig produzierten Spezialitätenkaffee einen direkten Einfluss auf die Lebensbedingungen der Kaffeebauern haben kann. In einer globalisierten Kaffeewelt haben Konsumenten somit eine Rolle, um durch ihre Kaufentscheidung positive Veränderungen zu bewirken.

Studie: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S245229292300067X

Avatar-Foto

Clarissa Schneider, geboren und aufgewachsen in Coburg, zog für ihr Studium nach Würzburg, wo sie ihre Leidenschaft für Espresso entdeckte. Während ihres Studiums arbeitete sie als Kellnerin in einem gemütlichen Café, wo sie ihre ersten Erfahrungen mit der Zubereitung und dem Genuss von Espresso machte. Diese Zeit prägte sie nachhaltig und weckte in ihr eine tiefe Begeisterung für die Kunst der Kaffeezubereitung. Seitdem hat Clarissa ihre Liebe zu Espresso nicht mehr losgelassen. Als leidenschaftliche Kaffeeliebhaberin und Autorin teilt sie ihr umfangreiches Wissen und ihre Erfahrungen gerne mit anderen. Sie schreibt an dieser Stelle die feinen Nuancen des Espresso-Genusses, die neuesten Trends der Kaffeeszene und die faszinierende Welt des Kaffeeanbaus. Bei KaffeeTechnik Seubert ist Clarissa außerdem in der Kundenbetreuung tätig und managet zusätzlich unseren Marese Club.

Top