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Was ist das Geheimnis italienischer Siebträgermaschinen?

Inhaltsverzeichnis

Frisch zubereiteter Espresso
Frisch zubereitet, schmeckt der Espresso am besten.

Kaum eine italienische Stadt hat nicht mindestens zwei oder mehr von ihnen, aber auch in Städten nördlich der Alpen finden sich immer mehr Espressobars. Der Espresso – die mit Siebträgermaschinen zubereitete Kaffeespezialität schickt sich an neben Pizza und Pasta ein weiterer kulinarischer Exportschlager aus Italien zu werden. Und ähnlich wie Pizza und Pasta den Weg vom Italiener um die Ecke in die eigene Küche gefunden haben, finden sich auch immer mehr Siebträgermaschinen in privaten vier Wänden. Eine Entwicklung, die längst mehr als ein Trend ist, sondern kam, um zu bleiben.

Was macht italienische Siebträgermaschinen so besonders?

Wer allerdings eine Karriere als Barista anstrebt, sollte vorher wissen, dass nicht alles, was sich Espresso nennt auch vor dem kritischen Auge eines italienischen Kaffeeliebhaber standhalten würde. Tatsächlich nehmen auch die Hersteller von Kaffeevoll- und Kaffeehalbautomaten für sich in Anspruch einen Espresso zuzubereiten. Ein wirklich echter Espresso stammt allerdings ausschließlich aus einer Siebträgermaschine.

Was ist eine italienische Siebträgermaschine?

ECM Synchronika
Die ECM Synchronika

Einsteiger sind oft schon von den kursierenden Bezeichnungen verwirrt. Was unterscheidet beispielsweise eine Siebträgermaschine von einer Espressomaschine, und warum wird oft auch nur der Begriff „Siebträger“ verwendet? So ganz einig ist man sich dazu in der Kaffeeszene leider nicht, die Mehrheit jedoch sieht den Begriff „Espressomaschine“ als eine Art Überbegriff. So kann sowohl eine Siebträgermaschine als auch ein Kaffeevollautomat eine Espressomaschine sein. Puristen jedoch verwenden die Begriffe „Espressomaschine“ und „Siebträgermaschine“ deckungsgleich, ohne dabei Kaffeevollautomaten mit einzuschließen. Der Begriff „Siebträger“ ist wiederum zum einen eine gängige Kurzform für „Siebträgermaschine“, aber auch ein Synonym für den Filterträger, der den mit Kaffeepulver befüllten Filter enthält und in die Brühgruppe eingespannt wird – dazu gleich mehr.

Wie wird ein echter Espresso zubereitet?

Explosionszeichnung einer Brühgruppe.
Explosionszeichnung einer Brühgruppe.

Der entscheidende Faktor bei der Espressozubereitung ist der Druck, mit dem die Brühgruppe einer Siebträgermaschine das Wasser durch das Kaffeepulver presst. 9 bar gelten sozusagen als Goldstandard. Alles unter 9 bar ist kein Espresso und alles darüber gilt dem Barista als unnötige Angeberei von Kaffeevollautomaten. Dank des Drucks erhält der Espresso auch sein typisches Merkmal, die hellbraune Crema aus kleinen Kaffeebläschen. 

Die ebenfalls aus Italien stammende Bialetti (auch Mokkakanne genannt) presst zwar auch Wasser mit Druck durch Kaffeepulver, allerdings erreicht der Druck keine 9 bar und erzeugt so nicht einmal die Andeutung einer Crema. Eine gute Espressocrema misslingt allerdings auch den meisten Kaffeevollautomaten, selbst wenn sie mit 9 und mehr bar arbeiten. Gerade die günstigeren Modelle helfen sogar nach, in dem sie die Bläschen nicht durch Druck erzeugen, sondern sie durch Luft hinein pumpen erzeugen. Eine solche „falsche“ Crema lässt sich schnell durch einen einfachen Test entlarven. Einfach mit dem Stiel des Espressolöffels einen Strich durch die Crema ziehen. Schließt sie sich schnell wieder, handelte es sich um eine echte Crema. Bleibt der Spalt jedoch bestehen bzw. schließt sich nur schwerfällig, stammt die Crema wahrscheinlich aus einem Kaffeevollautomaten.

Welche italienischen Siebträgermaschinen gibt es?

Das Prinzip der Espressozubereitung durch von Wasserdampf erzeugten Druck wurde bereits 1854 erstmals angewandt, setzte sich aber erst ab 1901 durch eine Weiterentwicklung durch den Italiener Luigi Bezzera durch. Bezzera ist auch mehr als 100 Jahre später noch immer einer der großen Namen in der Siebträgerherstellung. Neben solchen Traditionsmarken, kommen aus Italien allerdings auch immer wieder neue, innovative Siebträgermanufakteure. So hat gerade Rocket Espresso Milano in den letzten zehn Jahren von sich Reden gemacht und mit der Appartemento im Einsteigersegment, als auch der R Nine One im Hochpreissegment echte Maßstäbe gesetzt. Und auch wenn es auf den ersten Blick seltsam klingen mag, hervorragende italienische Espressomaschinen finden sich auch bei den deutschen Marken ECM und Profitec. Die Geschichte hinter diesen Namen begann als Importeur von italienischen Kaffeemaschinen, setzte sich dann in Kooperationsarbeit mit italienischen Herstellern fort, und endete mit einer eigenen Fertigung von Siebträgern. Sowohl Rocket als auch ECM sind neben dem Privatmarkt ebenfalls im professionellen Gastrobereich vertreten. Andere Produzenten wie Dalla Corte haben sich hingegen weitestgehend auf diesen Gastrobereich spezialisiert.

Der Siegeszug des Espresso

Dalla Corte XT
Professioneller Siebträger von Dalla Corte

Die 1854 gebaute Espressomaschine war zwar eine italienische Erfindung, hatte ihren ersten großen Auftritt allerdings ein Jahr später auf der Weltausstellung in Paris. Das Gerät war allerdings zu groß und in der Bedienung zu kompliziert – und wohl auch nur begrenzt sicher – um sich durchzusetzen. Allerdings schienen die Italiener auf den Geschmack von Espresso gekommen zu sein, denn sie entwickelten die Maschine immer weiter. Die ersten massentauglichen Siebträgermaschinen nahmen zwar immer noch einen beträchtlichen Platz in der Kaffeebar ein, waren aber im Vergleich schon um einiges kompakter. Die Geräte jener Zeit  hatten außerdem noch die typische Kesselform, wuchsen als vertikal nach oben, während moderne Maschinen tendenziell kastenförmig sind. Damals wie heute sind sie aber meist aus hochwertigen Edelstahl gefertigt.

Trinken Sie Ihren Espresso lieber an der Bar

Mit ihrer Verbreitung setzte sich auch der Espresso als die italienische Kaffeespezialität durch. Das zeigt sich vielleicht am deutlichsten an zwei typisch italienischen Aspekten. Zum einen heißt der Espresso in Italien schlicht und einfach un caffè, zum anderen ist den Italiener ihr Espresso so heilig, das es eine Preisbindung gibt. Zumindest an der Bar gibt meist die Kommune den Preis für eine Tasse Espresso vor, sitzt der Gast jedoch an einem Tisch, kann der Wirt einen selbst veranschlagten Preis verlangen. 
Zwar wurden und werden Siebträgermaschinen auch in Deutschland oder Spanien hergestellt, die Meister dieses Fachs sind aber zweifelsohne die Italiener. Das liegt mitunter auch an der Faema E61-Brühgruppe, die zwar von der damals noch selbstständigen Siebträgerschmiede FAEMA erfunden wurde, heute aber auch in Geräten vieler Konkurrenten verbaut wird.

Im Schnelldurchlauf: So werden Siebträgermaschinen benutzt

Frisch gemahlene Kaffeebohnen. Das geräuschvolle Einspannen und Einrasten des Filterträgers. Das Zischen des Dampfs. Der haselnussgoldene Espresso, der in die Tasse läuft.

Die Zubereitung mit einer italienischen Siebträgermaschine ist auch ästhetisch ein Schauspiel in dessen Zentrum der Barista als Taktgeber und Mastermind hinter dem Espresso steht. All das kann für Neulinge aber auch ein wenig zu kompliziert wirken, um zum Barista in den eigenen vier Wänden zu werden. Und gerade im Vergleich zum Kaffeevollautomaten, der den Espresso auf einen sprichwörtlichen Knopfdruck hin zubereitet, wirkt die Zubereitung mit einem Siebträger oft fast schon umständlich. Tatsächlich lohnt sie sich aber geschmacklich und ist am Ende weit unkomplizierte als mancher auf den ersten Blick denkt.

Der erste wichtige Schritt bei der Espressozubereitung mit der Siebträgermaschine findet ohne die Siebträgermaschine statt. Zuerst müssen nämlich die Kaffeebohnen zu einem feinen, wenn auch nicht zu feinem Kaffeepulver zermahlen werden. Experten raten hier unbedingt zu einer hochwertigen Espressomühle zu greifen, denn eine schlechtes, ungleichmäßiges Mahlgut spiegelt sich später in der Qualität des Espresso wider und kann auch von einer noch so guten Siebträgermaschine nicht ausgeglichen werden. Im nächsten Schritt legt der Barista den Filter (Sieb) in den Filterträger und füllt das frisch gemahlene Kaffeepulver hinein. Im folgenden Schritt wird der Filterträger in die Brühgruppe der Siebträgermaschine gespannte und der Brühvorgang entweder per Knopfdruck oder je nach Modell mit einem Hebel gestartet. Sobald das heiße Wasser durch das Pulver gepresst wurde und zu Espresso in der Tasse geworden ist, wird der Filterträger wieder ausgespannt und das nasse Pulver entsorgt. Und dann kommt natürlich das Wichtigste, der Genuss eines frisch zu bereiteten Espresso.

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Clarissa Schneider, geboren und aufgewachsen in Coburg, zog für ihr Studium nach Würzburg, wo sie ihre Leidenschaft für Espresso entdeckte. Während ihres Studiums arbeitete sie als Kellnerin in einem gemütlichen Café, wo sie ihre ersten Erfahrungen mit der Zubereitung und dem Genuss von Espresso machte. Diese Zeit prägte sie nachhaltig und weckte in ihr eine tiefe Begeisterung für die Kunst der Kaffeezubereitung. Seitdem hat Clarissa ihre Liebe zu Espresso nicht mehr losgelassen. Als leidenschaftliche Kaffeeliebhaberin und Autorin teilt sie ihr umfangreiches Wissen und ihre Erfahrungen gerne mit anderen. Sie schreibt an dieser Stelle die feinen Nuancen des Espresso-Genusses, die neuesten Trends der Kaffeeszene und die faszinierende Welt des Kaffeeanbaus. Bei KaffeeTechnik Seubert ist Clarissa außerdem in der Kundenbetreuung tätig und managet zusätzlich unseren Marese Club.

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